02 Feb 9 Tipps für den DIY-Mini-Garten vor dem Fenster, Teil 1
Gartenbücher und Pflanzenratgeber, die Lust aufs garteln machen gibt es mittlerweile In Hülle und Fülle. Ruth Wegerer, Gartenbuchautorin und Kunst-
Handwerkerin verrät im Interview was du tun kannst, wenn du keinen eigenen Garten oder Balkon hast: Werde Fenstergärtnerin und fang am besten
gleich damit an! An einem grauen, eiskalten Wintertag besuche ich Ruth in ihrer gemütlichen Altbauwohnung im 15. Bezirk. Ich bin überwältigt von dem
großartigen Blick aus dem Fenster, aber noch viel mehr von der Miniaturpracht draussen vor dem Fenster – und schon sind wir mittendrin im Gespräch.
1. Gute Vorbereitung und Planung muss sein
,,Bevor du loslegst, musst du auf alle Fälle die Zustimmung der Hausverwaltung einholen!’’ erklärt mir Ruth. ,,Besonders im Altbau ist es wichtig,
auch die Befestigungsmöglichkeiten von außen, vorab mit dem Schlosser zu besprechen. Ideal sind Fensterbänke mit einer Blechabdeckung, die
leicht schräg nach draussen geneigt sind,’’ empfiehlt die Expertin. Um ein Pflanzgefäß gegen das Hinunterfallen zu schützen sind waagerecht, über
die ganze Fensterbreite montierte Metallbügel oder ein Pflanzengitter geeignet. An einigen Jugendstilgebäuden in Wien sieht man noch solche
Pflanzkörbe. Sie schmücken die Fassade auch im unbepflanzten Zustand.
2. Nicht jede Himmelsrichtung eignet sich für einen Garten vor dem Fenster
,,Die meisten Pflanzen bevorzugen die Ausrichtung Richtung Süden, auch die Ost- und Westseite eignet sich sehr gut. Pflanzen, die rasch wachsen,
viel Dünger und viel Wasser brauchen, wie z.B. Gemüse ziehst du am besten an einem ost-, oder südostorientierten Fenster.’’
3. Der geeignete Blumenkistenhalter
,,Als erstes brauchst du eine Halterung für die Pflanzgefäße.’’ Blumenkistenhalter oder window boxes, wie sie im Englischen heißen, sind meistens
Körbe aus Metall, Drahtgeflecht, Schmiedeeisen oder auch Holz. ,,Besprich die Konstruktion mit einem Schlosser, bedenke auch das Gewicht der
windowbox – ein Metallgeflecht ist auf alle Fälle leichter als ein massiver Pflanzenbehälter. Schau, dass du genügend Querverstrebungen einplanst,
damit nichts hinunterfallen kann. Sehr empfehlenswert ist es auch, gleich eine Untertasse aus Metall vorzusehen. So ärgern sich die Nachbarn unter
dir nicht über hinunter tropfendes Wasser,’’ verrät die leidenschaftliche Fenstergärtnerin.
4. Preiswerte Pflanzgefäße und Töpfe
Sobald die Halterung montiert ist, kannst du Töpfe aufstellen. Es ist eine Freude Ruth zu zuhören: ,,An einem Fenster habe ich ausrangierte Küchen-
utensilien zu Pflanzgefäßen umfunktioniert, alte Backformen, Salatsiebe und Blechdosen – die eignen sich ganz prima.’’ Wichtig sind Öffnungen an
der Unterseite oder seitlich am Topf, damit das überschüssige Wasser abrinnen kann. ,,Wenn du mehrere Gefäße nebeneinander stellst, ist es leichter
die Pflanzen immer mal wieder um zu gruppieren. Falls du Gefäße kaufen willst, achte darauf Gewicht zu sparen und vor allem, dass sie hitzebeständig
und frosttauglich sind, sofern sie draussen überwintern.’’
5. Die Drainschicht nicht vergessen!
Unten in den Topf füllst du zuerst eine Drainschicht z.B. aus Blähton. Sie belüftet die Erde und speichert gleichzeitig Wasser. Darüber kommt die Kübel-
pflanzenerde. Der große Vorteil dieser Erde ist die Beimischung von Ziegelsplitt oder Blähton. Anders als bei herkömmlichen Blumenerden sackt sie
nicht zusammen, bleibt locker und gut durchwurzelbar. Sie ist im Fachmarkt als Sackware erhältlich.
6. Jetzt gehts ans einpflanzen!
Da die standortgerechte Pflanzung auch am Fensterbrett durchaus ein Thema ist, sind Pflanzen vorzuziehen, die nicht so viel Platz brauchen wie verschie-
dene einjährige Sommerblumen, die auch noch den ganzen Sommer durchblühen. Bei den Stauden ist anzuraten, eher kleinere, länger blühende Arten
zu verwenden, auch Bodendeckerrosen können durchaus in passende Container gesetzt werden.
„Vorkenntnisse sind nicht wirklich notwendig – ich habe einfach drauf los experimentiert und meine eigenen Erfahrungen gesammelt,’’
strahlt Ruth und steckt mich an mit ihrer Begeisterung. Stauden die auch im Winter attraktiv sind, eignen sich hervorragend vor dem Fenster, z.B. die
Fetthenne und andere, winterharte Dickblattgewächse. Am Südfenster wachsen auch Lavendel, Glockenblumen, Wolfsmilch, Nelken, niedrige Schwertlilien,
Storchschnabel, Salbei und das Federgras Stipa sehr gut. Glockenblumen blühen lange, in leuchtenden Blautönen und hängen elegant über den Topfrand.
,,Und natürlich Hauswurz!’’ Ruth Wegerer liebet Hauswurz: ,,Sie sind dankbar, bauchen wenig Erde, wenig Pflege und sehen trotzdem immer schön aus.
Geeignet sind Sukkulenten, wie z.B. das Theresienkraut – Sedum sieboldii oder die attraktiven Spinnen-Hauswurz Sempervivum arachnoideum.’’
An weniger sonnigen Fenstern wachsen Günsel, Bergenie, Seggen, Lerchensporn, Storchschnabel, Elfenblume, Hainsimse und Veilchen sehr gut.
7. Ergänze deinen Fenstergarten mit Zwiebelpflanzen
Neben den Klassikern Tulpen, Hyazinthen und Narzissen, sind im Frühling die Schachbrettblumen und der Kugellauch besonders hübsch. Auch
Rankpflanzen sind eine Bereicherung für das Fensterbrett. Am Ostfenster ziehe ich jedes Jahr Trichterwinden oder die Glockenrebe „Cobaea“. Sie klettern an,
in der Mauer befestigten Drahtseilen ganz von selbst in die Höhe, nur herunterhängende Teile sollen angebunden werden. Einjährige Sommerblumen, wie z.B.
verschiedene Pelargonien, kleinblütige Petunien oder Orangen-Tagetes gehören immer zum sommerlichen Repertoire und bringen Farbe ins Spiel.
8. Zierkiesel und Co.
,,Auch Fundstücke vom letzten Wienerwaldspaziergang, wie schön geformte Steine oder verwittertes Holz finden draussen zwischen den Töpfen ihren
Platz. Manche Töpfe decke ich mit Zierkiesel, Reisig oder Moos ab – das sieht besonders im Winter, wenn nichts mehr blüht, sehr dekorativ aus.
Auch Weihnachtsschmuck, ob draussen oder drinnen am Fenster befestigt passt gut dazu.’’
9. Ohne Pflege geht es nicht
,,Silberlaubige oder kleinblättrige Pflanzen können die Hitze am besten ertragen, dennoch muss ich an heissen Tagen täglich giessen – die Gießkanne steht
immer griffbereit in Fensternähe. Als Dünger verwende ich einen Langzeitdünger, der reicht für die ganze Saison. Stauden können normalerweise im Winter
draußen bleiben, sollt es ihnen aber im Topf zu kalt sein, hole ich sie rein und stelle sie im Flur an ein helles Fenster’’, stolz zeigt mir Ruth die lange Reihe von
Gefäßen am Fenster vor ihrer Wohnungstür. Hier stehen großteils die wärmeliebenden Südländer wie Granatapfelbäumchen, Olive, ein Kapernstrauch und das
spanische Gänseblümchen. Die brauchen ein Kalthaus, einen hellen, frostfreien Platz von +5 – 10°.’’
Ruth Wegerer
Geboren 1947 in Wien, arbeitete über 30 Jahre als Wohn- und Gartenjournalistin/Stylistin für Garten- und Lifestyle-Magazine im deutschsprachigen Raum.
Sie hat fünf Bildbände über Wohnen und Garten im Verlag Christian Brandstätter herausgebracht und betreut heute das Format „Gartenbesuche“ im SERVUS-Magazin.
In der Stille der Nacht widmet sie sich besonders gerne künstlerischen Arbeiten aus Draht. www.ruthwegerer.at
Fotos: Ruth Wegerer, Titelfoto: Karin Zwerger